Geschichte

Karlheinz Schulz»Krieg ist das Schlimmste«
Kriegserinnerungen eines über 100-jährigen Buchers
Vor achtzig Jahren im Mai wurde Deutschland – und die Welt vom Hitlerfaschismus befreit. Die Alliierten beendeten den Zweiten Weltkrieg. Kurz zuvor beging Hitler im Führerbunker Selbstmord, Tausende starben noch einmal in den letzten Kämpfen, den fanatischen Nazi-Parolen eines Endsiegs folgend. Im Mai 1945 endete der bisher größte und verlustreichste Konflikt der Menschheitsgeschichte – etwa 65 Millionen Menschen verloren ihr Leben, darunter allein 27 Millionen Sowjetbüger und 6 Millionen jüdische Menschen, ca. 6 Millionen Polen, 7 Millionen Deutsche…

Der »Bucher Bote« hatte im April dazu aufgerufen, sich an das Ende des Krieges zu erinnern. Viele Menschen gibt es nicht mehr, die dieses Ereignis erlebt haben. Dennoch meldeten sich einige, um von ihren Erlebnissen als Kind und ihren heutigen Ansichten und Überzeugungen zu erzählen. Es einte sie ein Wunsch: Nie wieder Krieg. 
In Buch lebt auch der 103-jährige Karlheinz Schulz. Der langjährige Pädagoge hatte im Jahr 1989 »Tagebucherinnerungen« über das Jahr 1945 zu Papier gebracht. Geboren im Sommer 1922 in Hirschberg (heute Jelenia Góra), war er Ende 1941 als 19-Jähriger in den Krieg einberufen worden. Er war in der Ukraine und auf der Krim. Dank eines seheingeschränkten Auges landete er bei den rückwärtigen Diensten, »bei den Luftnachrichten«, erzählt er. 1944 sei dann alles mehr oder weniger durcheinandergegangen. Keiner bei der Wehrmacht fragte mehr nach gesundheitlichen Einschränkungen, Karlheinz Schulz kam zu den Fallschirmjägern im Fallschirmregiment 7. Er wurde im November 1944 an die Holland-Belgien-Grenze beordert. Dort erlebte er auch den Jahresbeginn 1945. Genau erinnern konnte er sich nicht mehr an jene Silvesternacht. In seinen  »Tagebucherinnerungen« liest sich das so: »Wahrscheinlich habe ich mit zwei oder drei anderen Soldaten geschlafen, denn in dem Keller, in dem wir campierten, im ganzen Ort gab es kein Licht. Abend und nachts nutzten wir kleine Pappschalen mit Stearin, in deren Mitte ein Docht mattes Licht verbreitete. Hindenburglichter nannte man diese Dinger wohl in Erinnerung an den ersten Weltkrieg.(…) Wir waren der dritte Aufguss dieses Fallschirmjägerregimentes, der erste war wohl in Kreta geblieben, der zweite wurde von der Invasion an der Atlantikküste überrollt und bis zur Kapitulation von 1945 bei Brest abgeschnitten. Uns hatte man erst 1944 zusammengestellt, nach Holland gebracht und am 20. Dezember 1944 an die Front. Heute würde ich meinen, als seitliche Abstützung der Ardennenoffensive, die 1945 noch einmal die Fronten für kurze Zeit durchbrach. Seit diesem Tag lagen wir in Oosterbeck – einem westlichen Villenvorort von Arnheim. Alle Zivilisten waren längst evakuiert worden und alle Häuser waren unbewohnt, aber auch unverschlossen…«  
Der Rückzug begann. Über den 23. Februar 1945 notierte Karlheinz Schulz:  »Von unserem Nachrichtenzug des Bataillons ist nicht mehr viel übriggeblieben, sowohl an Leuten als auch an Material. Ich glaube, wir haben die letzte Kabeltrommel noch durch einen Wald geschleppt. Nun wurde alles neu formiert. Ich bin hier in diesem Hof gelandet und eine andere Gruppe sollte in Reserve liegen bleiben. Später wurde die Reserve aber auch herangefahren und ausgerechnet vor unserem Hof erhielt ihr Wagen einen Volltreffer. Es gab Verluste, von denen ich mich genau nur an einen Norbert erinnere – er stammte seiner Sprache nach aus dem Süden, war verheiratet und hatte auch ein Kind. Nun betteten wir ihn in unseren Keller – ein Bein hatte er verloren und stöhnte. Es hat lange gedauert, bis wir einen Arzt in unseren Keller brachten. Der gab nur noch Morphium und stellte fest, daß auch die Eingeweide verletzt waren. Nun stöhnte Norbert nicht mehr – überhaupt nicht mehr…« .

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Haeuser Tarnowitzer StrWen interessiert schon Karow?
Von Häusern und Menschen (2)
Heute geht es um Siedlungshäuser und ihre Bewohner, um ein typisches Lehrerpaar und um einen verwöhnten Hund, um eine seltene Familienchronik und noch vieles mehr… 
Um 1900 bis in die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts entstanden rings um den Karower Dorfkern Siedlungen, die sich von Stil und Ausmaß her mehr oder weniger integrierten. Ebenso die neu gebaute kleine Siedlung aus tiefen DDR-Zeiten am Schönerlinder Weg mit »Neckermann-Häusern«, in denen die Eiskunstläuferin Gaby Seyfert, ein Sohn von Horst Sindermann oder Frank-Joachim Herrmann ihre Zelte aufschlugen. Ganz anders 50 Jahre später, als die Stadt am nördlichen Rand angefügt wurde (damit haben sich wohl die meisten Karower schon arrangiert). 
Aber  nicht vorstellbar ist, wenn die Planung des Senats und des Bezirks in naher Zukunft umgesetzt  und ganze Stadtviertel ins Fleisch der Gemarkung »gebrannt« werden sollen. 4-Geschosser, auch Hochhäuser, für 3.000-5.000 Wohnungen auf drei Feldern und Wiesen (Karow-Süd, Am Teichberg, Straße 52), inmitten des dörflich-siedlungsmäßigen Gebiets des südlichen Karow. Zu den 7.000 Bewohnern des alten Karow und den 14.000 von Karow-Nord kämen dann noch 10.000 hinzu. Summiert: 31.000!!! Ich hoffe, dass der Bürgerverein »Wir für Karow«, die anderen Initiativen, die ansässige Bevölkerung und nicht zuletzt der Abgeordnete Johannes Kraft sich erfolgreich gegen diese Gigantomanie und Anti-Ökologie wehren. Nachdem ich mir etwas Luft gemacht habe, komme ich wieder auf die Spur. 
Mein Weg führt mich  westlich vom Dorfkern bis ins so genannte Bahnhofsviertel, dem ältesten Peripherieviertel Karows, das Ende des 19. Jh. mit dem Bau des Eisenbahnhaltepunkts von 1882 parzelliert wurde; getrennt vom zeitlich nachfolgenden Schlesischen Viertel durch den Schrägen Weg. Die ältesten Gebäude befinden sich in der Bahnhofstraße 1 (ehemals Gaststätte »Lindengarten«/»Stilbruch«) und 9, einem herrschaftlichen Haus mit farbigen Fassadenfliesen von 1899. Beeindruckend, aber kaum sichtbar für den eilenden Fußgänger: Im hinteren Garten der Nr. 4 thront eine sehr alte und völlig gesunde Ungarische Eiche, die als Naturdenkmal von der  privaten Besitzerin zu Recht geschützt wird. Mein verabredeter Halt liegt allerdings in der kreuzenden  Hagenstraße, benannt nach Hagen von Tronje aus dem Nibelungenlied (Benennung vor 1920).…

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